Die Technische Universität Darmstadt genießt weltweit hohe Reputation durch ihre Beiträge in Bildung und Forschung und das Interesse ihrer Wissenschaftler an Antworten auf entscheidende Zukunftsfragen. Studierende und Wissenschaftler lernen und forschen an der TU Darmstadt gemeinsam an vielfältigen Themen, insbesondere aus dem technischen Bereich. Dies geschieht aus Sicht der Ingenieur-, Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften, vom theoretischen Erkenntnisgewinn bis zur Anwendung im Alltag. Ein Schwerpunkt, der sich aus diesem Interesse ergibt, sind die Digital Humanities, die aus geisteswissenschaftlicher und ingenieurwissenschaftlicher Perspektive Daten des kulturellen Erbes wie Sprachdaten, multimediale Daten, Handschriften und andere Dokumente wissenschaftlich bearbeiten, erforschen und so das über Jahrhunderte tradierte Wissen erschließen, bewahren und künftigen Generationen zugänglich machen.
An der TU Darmstadt werden die Interessen im Bereich Digital Humanities sowohl von den Geisteswissenschaften, hier vor allem den Sprach- und Literaturwissenschaften, als auch von der Informatik, hier besonders vom Fachgebiet Ubiquitäre Wissensverarbeitung getragen. Das Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft verbindet die beiden Philologien Anglistik und Germanistik. Es besteht aus sechs Professuren und einem wissenschaftlichen Mittelbau, wodurch die Fachgebiete Deutsche Sprachwissenschaft, Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Englische Linguistik (Schwerpunkt Corpus und Computerlinguistik), Englische Literaturwissenschaft, Germanistische Mediävistik und Computerphilologie sowie Deutsch als Fremdsprache abgedeckt werden. Am Institut vertreten zwei Professuren zentral die Digital Humanities über die Fachgrenzen der dort verorteten Fächer Anglistik und Germanistik hinweg. So hat das Institut nach einer Phase der Neuorientierung zu Beginn des 21. Jahrhunderts bereits im Jahre 2003 eine Professur für Computerphilologie in der Germanistik und eine Professur für Corpus- und Computerlinguistik in der Anglistik eingerichtet, die die technische Ausrichtung der Geisteswissenschaften an der TU Darmstadt verstärkt und zu einem Schwerpunkt ausgebaut haben. Dieser Schwerpunkt zieht sich als roter Faden durch das Lehr- und Forschungsprofil des Instituts.
Bei der computergestützen Analyse und Interpretation von Texten wird von einem bewusst weiten Textbegriff ausgegangen, der sowohl sprachliche Äußerungen in schriftlichen und mündlichen Medien inkl. audiovisuelle Formen (Film, TV) als auch eine Vielzahl von Kommunikationsmitteln vom Buch bis zu digitalen Speicher- und Übertragungsmedien umfasst. Fachübergreifende Forschungsziele sind die Erstellung und Verwendung von digitalisierten Texten (Corpora) und klassischen, analogen und hybriden Editionen, die Entwicklung und Erprobung neuer linguistischer und literaturwissenschaftlicher Methoden sowie die Weiterentwicklung der zugehörigen Text- bzw. Medientheorie. Im Fachbereich Informatik wurde das Thema Digital Humanities in erster Linie mit der interdisziplinären Lichtenberg-Professur der VolkswagenStiftung Ubiquitäre Wissensverarbeitung (UKP Lab, Prof. Iryna Gurevych) aufgebaut. Das Fachgebiet UKP Lab forscht in den Bereichen Natural Language Processing, Semantisches Informationsmanagement, Digital Humanities und eLearning. Der Schwerpunkt liegt auf der automatischen Verarbeitung textueller Informationen und umfassender Inhaltsanalyse. Das Ziel der Arbeitsgruppe ist es, neue Ansätze für die Analyse der Bedeutung natürlichsprachlicher Texte und für die Organisation von Wissen zu finden, welches in vielfältigen Formen und Quellen auftritt. Beispiele für konkrete Fragestellungen sind die Unterstützung von Wissensarbeit im und durch das Web 2.0 oder Mining strukturierten Wissens aus unstrukturierten Dokumenten und Anwendung dieses Wissens in Kernbereichen der Digital Humanities. Die Digital Humanities sind u.a. ein wichtiges Anwendungsgebiet einer neuen interdisziplinären Forschungsinitiative „Web Research“ an der TU Darmstadt, die vom UKP Lab geleitet wird. Die Kompetenzen der Lichtenberg-Professur in der semantischen Textanalyse werden durch eine Juniorprofessur Sprachtechnologie optimal ergänzt, die sich auf statistische, unüberwachte Methoden des Text Mining in den Digital Humanities spezialisiert. Diese Spezialkompetenzen werden durch ein breites Spektrum an algorithmischen und Machine Learning Methoden abgerundet, die im Fachbereich Informatik in großer Breite und Tiefe erforscht und gelehrt werden. Moderne Informatik-Forschung wird in hochkarätige Forschungsinitiativen wie den LOEWE- Schwerpunkt Digital Humanities des Landes Hessen oder das BMBF-Verbundvorhaben DARIAH in der Zusammenarbeit mit Anwendern aus den Digital Humanities eingebracht.
In der Lehre werden die Digital Humanities seitens der Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften vor allem durch den Joint Bachelor of Arts-Studiengang mit den Fächern Anglistik und Germanistik vertreten. Diese können miteinander oder mit einer weiteren Geistes- oder Sozialwissenschaft oder mit der Informatik kombiniert werden. Eine Fokussierung im Bereich der Digital Humanities ist auf Master-Niveau durch den Master of Arts-Studiengang Linguistic and Literary Computing gegeben. Dieser forschungsorientierte Master-Studiengang setzt es sich zum Ziel, Studierende in Fragestellungen und Techniken zum State of the Art der Digital Humanities auf höchstem Niveau auszubilden. Der Fachbereich Informatik bietet neben der attraktiven Fachsäule im Joint Bachelor of Arts in Kombination mit einer Geistes- oder Sozialwissenschaft, besonders der Anglistik und Germanistik, den Spezialisierungsmaster Internet- und Web-basierte Systeme im erweiterten Umfeld der Digital Humanities an. Er bietet eine weitere Möglichkeit der Schwerpunktsetzung im Bereich der Digital Humanities für Studierende der Informatik.
Der Joint Bachelor of Arts ermöglicht das kombinierte Studium zweier gleichrangiger Fächer, wobei mindestens eines aus dem Spektrum der Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften gewählt werden muss. Dieses Fach kann auch mit Informatik kombiniert werden. Der Studiengang umfasst 180 ECTS-Punkte von denen je 75 auf ein Fach, 18 auf einen Optionalbereich und 12 auf die Bachelor-Thesis aus einem der Fächer entfallen. DH-Schwerpunkte werden derzeit durch Anglistik und Germanistik vertreten, besonders in Kombination mit Informatik. Die Fächer Anglistik und Germanistik umfassen neben der Einführung in Techniken und Methoden der Erforschung von Sprache und Literatur aus Sicht der Linguistik und der Literaturwissenschaft auch die Einführung in Themen der Digital Humanities. In Veranstaltungen zur Corpuslinguistik werden Studierende beispielsweise an Methoden und Techniken der corpusbasierten und computergestützten Analyse linguistischer Daten und Corpora herangeführt. In thematischen Lehrveranstaltungen werden die erlernten Techniken und Methoden exemplarisch in studentischen Projekten angewandt. Die Kombination einer Philologie (Anglistik, Germanistik) mit dem Fach Informatik ermöglicht zudem die stärker ingenieurwissenschaftliche Ergänzung der philologischen Kompetenzen. Grundlagen der Informatik beinhalten zum Beispiel das Verständnis von Datenstrukturen und Algorithmen sowie grundlegende Kenntnisse von Programmiertechniken.
Titel: Joint Bachelor of Arts in zwei Fächern*
Typ: Zwei-Fach BA
Kombinatorik: Anglistik oder Germanistik in Kombination mit einem weiteren Fach: Geschichte, Philosophie, Politikwissenschaft, Sport, Informatik, Wirtschaftswissenschaften
Aufwand: 180 ECTS (75 pro Fachsäule plus 18 ECTS Optionalbereich + 12 ECTS BA Thesis)
Dauer: 6 Semester
Studienbeginn: Wintersemester
Schwerpunkte:
Informationen: http://www.linglit.tu-darmstadt.de/index.php?id=jointba-anglistik
Voraussetzung: Hochschulzugangsberechtigung sowie Sprachkenntnisse Deutsch und Englisch
Der konsekutive viersemestrige Master of Arts-Studiengang Linguistic and Literary Computing richtet sich an Absolventen philologischer Bachelor of Arts-Studiengänge in den Fächern Anglistik und Germanistik und verwandten fachrelevanten Bachelor of Arts-Studiengängen. Er hat einen Umfang von 120 ECTS-Punkten und umfasst die Schwerpunkte Humanities Computing, Corpus- und Computerlinguistik sowie Computerphilologie. Der MA-Studiengang Linguistic and Literary Computing macht die Studierenden mit Theorien und Methoden der corpusbasierten und computergestützten Linguistik und der Computerphilologie vertraut. Durch seinen Aufbau, der eine inhaltliche Schwerpunktsetzung im zweiten Studienjahr ermöglicht, eröffnet er neben der Möglichkeit einer fachspezifischen wissenschaftlichen Karriere (Promotion, Habilitation) auch den Zugang zu Berufsfeldern, die eine fundierte linguistische und corpus- und computerlinguistische sowie computerphilologische Qualifikation erfordern. Typische Berufsfelder für Absolventen des MA-Studienganges liegen im Verlags- und Publikationswesen, in der Erforschung und Entwicklung von elektronischen Informations- und Publikationssystemen, in der Bildung und Weiterbildung in Bereichen, die sich mit der computergestützten Aufbereitung und Verbreitung von textbasierten Daten und Dokumenten befassen sowie in Forschungseinrichtungen.
Titel: Master of Arts Linguistic and Literary Computing
Typ: Ein-Fach MA
Kombinatorik: –
Aufwand: 120 ECTS
Dauer: 4 Semester
Studienbeginn: Wintersemester
Schwerpunkte:
Informationen: http://www.linglit.tu-darmstadt.de/index.php?id=ma-llc
Voraussetzung: BA mit Teilfach Germanistik oder Anglistik oder anderer fachrelevanter BA
Der Masterstudiengang „Internet- und Web-basierte Systeme“ ermöglicht eine Informatik-basierte Spezialisierung im Bereich der Digital Humanities. Vorausgesetzt wird ein Abschluss als Bachelor of Science im Studiengang Informatik der Technischen Universität Darmstadt oder eine gleichwertige Qualifikation. Durch gezielte Schwerpunktbildung im Wahlpflichtbereich werden vertiefte Kenntnisse in den Bereichen Text- und Wissensverarbeitung, Web- und Text-basierte Systeme sowie Rechnernetze und Ubiquitous Computing erworben. Im Bereich der Web- und Text-basierten Systeme können Lehrveranstaltungen aus der Linguistik, Computerlinguistik und Computerphilologie importiert werden. Vor dem Hintergrund der explodierenden Menge an Informationen im Web und der zunehmenden IT-basierten Vernetzung haben Absolventen dieses Studiengangs vielfältige Optionen für die Berufswahl in Wirtschaft und Forschung. Zu den konkreten Anwendungsfeldern gehören zum Beispiel Informationssuche und Text-Mining, issensmanagement oder Digitale Bibliotheken. Auch in der Softwareindustrie und in klassischen Industriezweigen wie Mediengestaltung bestehen hervorragende Berufsaussichten. Der Studiengang ist in zwei große, verknüpfte Themensäulen gegliedert: Web-basierte und Internet-basierte Systeme. Während der Bereich Web-basierte Systeme das Web einschließlich seiner Rolle als (globales oder innerorganisatorisches) universelles Informationssystem und als Medium mit schwach strukturierten Inhalten behandelt, umfasst der Bereich Internet-basierte Systeme das stärker kommunikations- und kooperationsorientierte Internet einschließlich aktueller Themenfelder wie Internet-der-Dinge und Internetder-Dienste.
Titel: Masterstudiengang Internet- und Web-basierte Systeme
Typ: Spezialisierungsmaster
Kombinatorik: n.a.
Aufwand: 120 ECTS
Dauer: 4 Semester
Studienbeginn: Winter- oder Sommersemester
Schwerpunkte:
Informationen: http://www.informatik.tu-darmstadt.de/de/studierende/studiengaenge/spezialisiertemasterstudiengaenge/internet-und-web-basierte-systeme
Voraussetzung: BA-Abschluss in Informatik oder gleichwertiger Abschluss
Die voranstehenden Informationen sind mit freundlicher Genehmigung der Broschüre "Digitale Geisteswissenschaften" (2011) entnommen, hg. vom CCeH an der Universität zu Köln. Mit Beiträgen und unter Mitarbeit von Andreas Henrich, Bernd Deschauer (Bamberg), Maik Stührenberg (Bielefeld), Sabine Bartsch, Judith Eckle-Kohler, Iryna Gurevych, Ruth Reiche (Darmstadt), Günther Görz, Christian Götz (Erlangen), Harald Lüngen (Gießen / Mannheim), Maja Bärenfänger, Frank Binder (Gießen), Juan Garces (Göttingen), Johannes Stigler (Graz), John Nerbonne (Groningen), Jan Christoph Meister, Evelyn Gius (Hamburg), Rolf Großmann (Lüneburg), Vera Gehlen-Baum (Saarbrücken), Stephan Moser, Armin Volkmann, Fotis Jannidis (Würzburg). Koordination und Redaktion der Broschüre: Patrick Sahle; Gestaltung: Johanna Puhl und Lisa Rau. Die Erstellung der Broschüre erfolgte im Rahmen des BMBF-Projekts DARIAH-DE (Förderkennzeichen 01UG1110A bis M). Die Broschüre ist auch im elektronischen Format erhältlich; verwenden Sie dazu bitte den Downloadbereich oben rechts.