Die Digitale Archiv-Edition sämtlicher Werke und Schriften Georg Greflingers (ca. 1620–1677) arbeitet das umfangreiche journalistische, zeithistorische, didaktische und poetische Schaffen des Hamburger Schriftstellers und notarius publicus für eine multidisziplinäre Fachöffentlichkeit digital auf. Im Zentrum steht dabei die Edition der Drucktexte und Handschriften mit historisch-kritischem Anspruch, die in ‚Einzelausgaben‘ kollaborativ-kumulativ in der virtuellen Forschungsumgebung TextGrid erarbeitet wird. Alle Teile der digitalen Edition – digitale Vollfarb Faksimiles der Druckseiten, XML/TEI Basisdateien, ODDs sowie verschiedene Anzeigeformate – werden anschließend auf der eigens eingerichteten Greflinger-Plattform sowie in verschiedenen Repositorien im open access zur Weiterverarbeitung verfügbar gemacht. Als ‚Pilotprojekt‘ dieser Edition wird die erste genuin deutsche Komplimentierlehre, die Ethica Complementoria (EA 1645), textkritisch erarbeitet, in ihrer Überlieferung und zeitgenössischen Rezeption rekonstruiert und kulturhistorisch kommentiert. Die Erstedition dieses bedeutenden Greflinger-Textes soll zugleich einen Eindruck von Gegenstand, Methode und Zweck der Greflinger Digitalen Archiv-Edition geben und exemplarisch vorführen, auf welche Weise gerade die Frühneuzeit-Philologie die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Digital Humanities produktiv aufnehmen und weiterentwickeln kann.
Der Hamburger Notar, Zeithistoriker und Journalist Georg Greflinger (1620–1677) gilt als einer der produktivsten und vielseitigsten frühneuzeitlichen Berufsschriftsteller des 17. Jahrhunderts. Dennoch sind seine schriftlichen Hinterlassenschaften – insgesamt ca. 30.000 Druckseiten – weder in öffentlichen Sammlungen gut zugänglich noch editorisch erschlossen. Die Greflinger Digitale Edition hat sich die Aufgabe gestellt, sukzessive diese Schriften für die (Fach)Öffentlichkeit digital aufzuarbeiten. Im Zentrum steht dabei die digitale Edition der Drucktexte und Handschriften mit historisch-kritischem Anspruch, die in Einzelwerkausgaben kollaborativ-kumulativ in der virtuellen Forschungsumgebung TextGrid erarbeitet und dann zur Nachnutzung frei zur Verfügung gestellt werden wird.
Den Auftakt des Projekts und erstes Anschauungsobjekt bildet die digitale Edition der ersten deutschen Komplimentierlehre, die Ethica Complementoria (1645). Von diesem bis ins 19. Jahrhundert intensiv rezipierten und während Greflingers Lebenszeit – unter dessen ständiger Redaktion – mindestens 13 Mal neu aufgelegten Werk werden für die Edition alle überlieferten Drucktexte digitalisiert, manuell erfasst und dem Standard TEI P5 entsprechend kodiert. Die Kodierung ist sowohl dokumentarisch (den Exemplaren der Drucke aufs genaueste entsprechend) als auch textkritisch (Ausweis und Korrekturvorschläge für Textfehler) ausgelegt und versucht darüber hinaus im Bereich der Erfassung materiell-medialer Objekteigenschaften (Buchformate, verwendete Typographie etc.) resp. der physical bibliography die TEI ggf. zu erweitern. Neben der Texterfassung und -auszeichnung liegt ein weiteres Augenmerk auf der Identifikation und Rekonstruktion der Autor- wie Fremdüberarbeitungen der Texte, die durch computergestützte Kollationierungsverfahren (mithilfe von Juxta) ermittelt werden sollen. Eine geeignete Visualisierung der Textbearbeitung, wie sie derzeit im Bereich des genetic encoding erprobt wird, soll zur Anwendung kommen.
Um eine möglichst breite Weiterverarbeitung und Nachnutzung der frühneuhochdeutschen Texte ermöglichen zu können, wird eine Lemmatisierung durchgeführt. Das Greflinger Digitale Editionsprojekt möchte für den Bereich der brach liegenden Frühneuzeit-Editorik Wege und Möglichkeiten aufzeigen, die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Digital Humanities, besonders im Bereich der dokumentarisch-editorischen sowie der textanalytischen Arbeitsgebiete, fruchtbar aufzunehmen und an relevanten Gegenständen von multidisziplinärem Interesse zu erproben.
Das Pilotprojekt Ethica Complementoria wird noch in 2012 fertig gestellt werden und dann – als Prototyp für digitale kritische Editionen frühneuzeitlicher Drucküberlieferung – sowohl auf der Greflinger Plattform (www.georggreflinger.de) als auch im TextGrid Repositorium publiziert werden.
Annika Rockenberger, Per Röcken